Abigail Adams (1744-1818) war die First Lady der USA von John Adams, dem zweiten Präsidenten, und die Mutter des sechsten Präsidenten, John Quincy Adams. Sie war eine Pionierin der Frauenrechte und Verfechterin der Abschaffung der Sklaverei. Ihre zahlreichen Briefe an ihren Mann dokumentieren ihre visionären Überzeugungen und den Mut einer Frau, die das Fundament für die demokratischen Werte der USA legten.
Alexandra Winterstein
17. Juli 2024
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In den USA gab es nur zwei Frauen, die gleichzeitig First Ladies und Mütter von US-Präsidenten in die Geschichte eingingen: Barbara Bush und Abigail Adams. Die Familie Adams aus Quincy, Massachusetts, schenkte den USA nicht nur einen, sondern gleich zwei Präsidenten: John Adams und John Quincy Adams, den zweiten bzw. sechsten Präsidenten. Das wissen die meisten Menschen in den USA. Weniger bekannt sind jedoch die Leistungen von Abigail Adams, die Frau von John Adams.
Abigail Adams erwies sich, wie die Geschichte im Nachhinein urteilen wird, als ihrer Zeit weit voraus: eine moderne Frau mit Mut, Klarheit, Aufrichtigkeit, Belastbarkeit und Stärke – eine Frau, die sich nicht durch das Korsett ihrer Zeit einschnüren ließ. Durch ihr aktives Engagement in politischen Angelegenheiten und die kluge Beratung ihres Mannes, John Adams, wurde sie zum Beispiel für zukünftige First Ladies. Auf diese Weise steigerte und erweiterte Abigail Adams den Einfluss einer First Lady. Präsident John Adams schätze den Rat und die Unterstützung seiner Frau. In einem Brief an Abigail schrieb er: „Niemals in meinem Leben habe ich mir deinen Rat und deine Hilfe mehr gewünscht. Ich möchte dich denken hören oder deine Gedanken sehen.“
Abigail Smith wurde 1744 in Weymouth, Massachusetts, in eine einflussreiche Familie geboren. Im Gegensatz zu Männern hatte sie jedoch keinen Zugang zu formaler Bildung. Dennoch ließ sie sich davon nicht beirren; sie las viel und bildete sich selbst aus mit Büchern aus der Bibliothek ihres Vaters. Im Alter von 20 Jahren heiratete sie John Adams, einen Harvard-Absolventen aus Braintree, Massachusetts, der ihr intellektuell ebenbürtig war. Während ihrer 53 Jahre Ehe erwies sie sich als äußerst wichtige Vertraute und beriet ihn während der Amerikanischen Revolution in politischen Fragen. Es war eine turbulente Zeit der Geschichte, die durch die viele Briefe, die sich das Ehepaar Adams gegenseitig schrieben auszeichnete.
Als Delegierter des Ersten Kontinentalkongresses reiste John Adams 1774 nach Philadelphia, wo die USA die ersten legislativen Schritte zur Errichtung einer von Großbritannien unabhängigen Regierung unternahmen. Zwei Jahre später, als John am Kontinentalkongress teilnahm, schrieb Abigail ihren berühmtesten Brief, in dem sie die Gründerväter aufforderte bei neuen Gesetzen, „an die Damen zu denken und ihnen gegenüber großzügiger und wohlwollender zu sein als eure Vorfahren“. Sie verwies auf die begrenzten Eigentumsrechte und die fehlenden Bildungsmöglichkeiten für Frauen zu jener Zeit und ermahnte ihn: „Gebt den Ehemännern nicht so viel Macht“.
Abigail Adams hatte fünf Kinder und verbrachte einen Großteil ihrer Zeit allein, während John zunächst als Richter und später als Delegierter des Kontinentalkongresses, als Gesandter in Paris und London und als gewählter Beamter im Rahmen der Verfassung auf Reisen ging. Persönliche Unabhängigkeit war für Abigail angesichts ihres Intellekts und der Beschränkungen, denen Frauen damals unterlagen, von entscheidender Bedeutung. Dies half ihr, das Bedürfnis der Nation nach Unabhängigkeit von Großbritannien zu verstehen. Sie glaubte daran der Öffentlichkeit zu dienen und an die Wichtigkeit der Nächstenliebe. Den Traum eines freien Amerika, welches sein eigenes politisches Schicksal bestimmen konnte, war auch ihr Traum. Nicht jeder teilte die Vision der Adams Familie von einem unabhängigen Staat.
Abigail Adams von Benjamin Blythe, 1766 © gemeinfrei
Offizielles Portrait of John Adams von John Trumbull, ca. 1792 © gemeinfrei
Abigail Adams von Gilbert Stuart (National Gallery of Art)
Abigail war standhaft: „Ein Volk kann einen König stürzen und dennoch ein Volk bleiben; aber wenn ein König sein Volk entgleiten lässt, ist er kein König mehr. Und das ist mit Sicherheit unser Fall. Warum solltet ihr der Welt nicht entschieden eure eigene Unabhängigkeit verkünden?“ John stimmte mit seiner Frau überein, doch Abigails Vorstellung von Unabhängigkeit war weiter gefasst als die der politischen Kollegen ihres Mannes. Sie war überzeugt, dass alle Menschen unabhängig von Rasse und Geschlecht gleichberechtigt sein sollten. Obwohl Abigail darauf drängte, die Sklaverei abzuschaffen und alle Menschen in Amerikas neues Regierungssystem einzubeziehen, wurden ihre Ansichten von den Delegierten des Kontinentalkongresses als viel zu fortschrittlich angesehen. Leider verabschiedeten die Kongressmitglieder am 4. Juli 1776 zwar die Unabhängigkeitserklärung, versäumten es aber, die Rechte von Frauen oder Schwarzen in der von ihnen gegründeten neuen Regierung zu garantieren. Dennoch wurden wichtige Grundlagen für die Gleichstellung gelegt.
Bevor sie 1784 mit ihrem Mann nach Europa aufbrach, belegen Abigails Briefe an ihn die Geschichte einer Frau, die fünf Jahre lang zu Hause mit den Entbehrungen des Krieges und der Inflation zu kämpfen hatte, während sie die Farm bewirtschaftete und die Kinder großzog. Doch sie verfiel nicht in Selbstmitleid. In dieser einsamen Zeit kümmerte sie sich um die Angelegenheiten des Hofes und des Familienunternehmens, wobei sie oft hervorragende Investitionsentscheidungen traf.
Im Jahr 1789, ein Jahr nach ihrer Rückkehr aus Europa nach Braintree, wurde John Adams zum ersten Vizepräsidenten der Vereinigten Staaten gewählt. In den folgenden zwölf Jahren bekleidete John Adams zwei Amtszeiten als Vizepräsident (1789-1797) und eine Amtszeit als Präsident (1797-1801). Abigail hatte auch gesundheitliche Probleme. Sie litt unter einer lähmenden rheumatoiden Arthritis. Dennoch arbeitete sie unermüdlich an der Seite ihres Mannes und erfüllte einen anstrengenden Zeitplan, um all ihren Pflichten als First Lady mit all ihren gesellschaftlichen Verpflichtungen nachzukommen.
Als First Lady wurde ihre Standhaftigkeit auf eine harte Probe gestellt, als ihre Familie von tiefem Kummer heimgesucht wurde. Ihr Sohn Charles erlag im jungen Alter von dreißig Jahren auf tragische Weise dem Alkoholismus. Sie erlitt einen schmerzlichen persönlichen Verlust, der die Herausforderungen an ihre Amtszeit im Weißen Haus noch erhöhte.
Nachdem John Adams im Jahr 1800 die Präsidentschaft an Thomas Jefferson verloren hatte, zog sich das Paar in sein Haus in Quincy, Massachusetts, zurück. Abigail starb am 28. Oktober 1818 im Alter von 73 Jahren an Typhus.
Abigail Adams war die erste First Lady, die das Weiße Haus in Washington leitete. Ihre Korrespondenz zeigt ihren Mut, ihr Talent und ihren Beitrag nicht nur zur Stärkung der Frauenrechte, sondern auch zu den Grundlagen der Freiheit und anderer demokratischer Werte, die die Grundlage der Vereinigten Staaten werden sollte.